OLG Dresden (NZM 2008, 299) Zur Wärmedämmpflicht eines Hauseigentümers, der eine Nachbarwand abreißt

Einen Fall von besonderer praktischer Bedeutung hatte das OLG Dresden zu entscheiden: Der Beklagte hatte sein baufälliges, an der Giebelwand direkt an das Nachbarhaus angebaute Haus abgerissen. Der angrenzende Nachbar behauptete, durch den Abriss seien Risse in der Giebelwand entstanden, außerdem sei die Wärmedämmung nicht mehr gewährleistet und verklagte den abreißenden Nachbarn auf Schadenersatz und Vornahme von Wärmedämmmaßnahmen. Der klagende Nachbar bekam Recht. Bei der Giebelwand handelt es sich gem. § 921 BGB um eine gemeinschaftliche Einrichtung, die gem. § 922 Satz 2 BGB nur mit Zustimmung des Nachbarn beseitigt oder geändert werden darf. Durch den Abriss des zugehörigen Hauses habe der Beklagte nicht die Bausubstanz, aber die Funktion der Kommunwand geändert: Aus einer gemeinsamen Innenwand wurde für die Klägerin eine Außenwand. Diese einseitige Funktionsänderung durch Abbruch des zugehörigen Hauses verhindert § 922 Satz 3 BGB nicht. Das hat der BGH in einer Reihe von Entscheidungen bereits klargestellt, aber der BGH verlangt vom Abbrechenden, dass er dann durch eigene Baumaßnahmen diese Funktionsänderung wieder rückgängig macht. Unter Berufung auf die Ausführungen des BGH folgert das OLG, dass der Beklagte die Giebelwand nicht nur gegen Feuchtigkeit schützen muss, sondern auch, dass er die Tauwasserbildung an der Innenseite der Giebelwand verhindern muss. Solange der Beklagte ein funktionsfähiges, d.h. gegen alle Witterungseinflüsse abgedichtetes Haus auf seinem Grundstück stehen hatte, gab es auf der Klägerseite der Giebelwand keine Tauwasserbildung. Erst dadurch, dass der Beklagte die zerstörten Fenster des Gebäudes nicht mehr ersetzte und danach das baufällige Gebäude abriss, verlor die Giebelwand die Funktion, Tauwasserbidlung auf der Innenseite zu unterbinden. Dies sei durch Sachverständigengutachten festgestellt worden. Der ursprüngliche funktionelle Zustand kann nur dadurch wiederhergestellt werden, dass der Beklagte entsprechend gebotene Wärmedämmmaßnahmen auf seine Kosten an der Giebelwand vornehmen muss.

Praxistipp: Die Entscheidung verdeutlicht die gegenseitige Verantwortung von Hausnachbarn, deren Häuser aneinandergebaut sind. Grundstückseigentümer in entsprechenden baulichen Situationen sollten daran denken, dass mit dem Abriss der eigenen 4 Wände die Pflicht verbunden sein kann, am Nachbargebäude kostenträchtige Investitionen vorzunehmen. Bei der Abrissplanung sollte dies berücksichtigt, ein beauftragter Architekt gegebenenfalls ausdrücklich mit der Überprüfung etwaig erforderlich werdender Maßnahmen beauftragt werden.



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